Fragt man auf Elternabenden zum Thema „Sexueller Missbrauch“ Eltern danach, welche Verhaltensregeln sie ihren Kindern bislang mit auf den Weg gegeben haben, hört man sehr oft Sätze wie: „Lass Dich nicht von Fremden ansprechen“, Nimm von Fremden nichts an“, „Steig nicht zu Fremden ins Auto“ usw..
Auch viele Selbstbehauptungskurse und Selbstverteidigungskurse haben ihren Fokus immer noch auf diesem „Fremdtäter“.
Dass die oben genannten Strategien aber nicht ausreichend sind, wird schnell klar, wenn man sich das Verhältnis von Fremdtäter zu Bekannter Täter anschaut:
Nur ca. 20% der Täter sind dem Kind vor der Tat nicht bekannt gewesen, entsprechen also den Vorstellungen, welche die meisten Eltern von Tätern haben.
80% der Täter kommen aber aus dem Nahbereich des Kindes - Opfer und Täter kannten sich also bereits schon vorher.
Wer sind die Täter:
• Fremdtäter: 20%
• Väter, Onkel, Opas, Brüder, Erzieher, Lehrer, Trainer, Jugendleiter, Betreuer, Pfarrer, Nachbarn, Bekannte…: 80%
• Überwiegend Männer (90%). Wir verzichten deshalb hier im Text auch auf das Gendern.
• Alle Altersgruppen
• Alle Gesellschafts- und Bildungsmilieus
• Die eigentlichen pädophilen Täter sind in der Minderheit. Den meisten Tätern geht es um Machtausübung, d.h., sie bevorzugen es, ihre sexuellen Bedürfnisse mit deutlich schwächeren Partnern ausleben.
Um Kinder zu schützen (vor dem bekannten Täter und dem Fremdtäter) und ihnen sinnvolle Handlungsstrategien mit auf den Weg zu geben, braucht es daher eine Herangehensweise, die über die anfangs beschriebenen Strategien weit hinausgeht – dies war und ist auch die zentrale Überlegung bei der Konzeption unserer Trainings.
Autor: Thomas Unger
Weitere Beiträge